eMail Elterngeld

Titelfoto: mothers kiss © Franz Pfluegl – www.fotolia.de

Hallo,

hier nun der komplette E-Mail Verkehr zu dem im vorigen Artikel beschriebenen Umstand. Da sind diverse aus meiner Sicht völlig willkürliche und somit falsche Aussagen. Juristisch ist das vermutlich vieles davon völlig unhaltbar. Grundsätzlich muss man sich auch mal fragen, auf welcher Seite das Amt für soziale Sicherung überhaupt steht. Sieht danach aus, als ob deren Aufgabe darin besteht, das Geld gegen soziale Verwendung zu sichern.

Viel Spaß beim Lesen,

Karl

1. E-Mail von mir

Hallo,

ich habe eine Frage bezüglich einer besonderen Situation in der sich meine Frau befindet. Sie ist Ärztin und erhält Zahlungen von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Diese Zahlungen beziehen sich auf die mit den gesetzlichen Kassen abgerechneten Leistungen, sind also ihr Gehalt und einzige Einnahmequelle. Diese Zahlungen werden aber gestaffelt ausgezahlt und die letzte Auszahlung eines bestimmten Quartals wird jeweils ein Jahr verzögert ausgezahlt.

Wenn meine Frau also schwangerschaftsbedingt aufhört zu arbeiten, erhält sie ein volles Jahr lang weiter Gehalt. Das würde den Anspruch auf Elterngeld dann nicht nur mindern, das ist fast so als ob sie weiter voll arbeitet. Ist ein Jahr herum, besteht kein Anspruch mehr auf Elterngeld, dann aber hören die Zahlungen der KV auf.

Wie kann damit ungegangen werden?

Vielen Dank

Karl

1. Antwort vom Amt

Sehr geehrter Karl,

bezugnehmend auf Ihre Anfrage teile ich Ihnen folgendes mit:

Der Gewinn während des Bezuges von Elterngeld ermittelt sich sowohl vor als auch nach Geburt des Kindes nach § 4 Abs. 3 Einkommensgesetz.Hierbei ist nicht die Rechnungslegung maßgeblich, sondern wann das Einkommen zugeflossen ist. Die Ermittlung richtet sich somit ausschließlich nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten.

Entsprechende Einnahmen würden somit im Bezugszeitraum angerechnet.

Mit freundlichem Gruß

Im Auftrag

Kompetenter Mitarbeiter X

2. E-Mail von mir

Sehr geehrter kompetenter Mitarbeiter X,

zunächst vielen Dank für Ihre Antwort. So etwas habe ich mir schon gedacht, das ist natürlich nicht unbedingt günstig. Allerdings steht im Absatz 3 ja einiges drin.

Es sollen die Vorschriften für Abschreibungen gelten, somit stünde es meiner Frau frei Anschaffungen zu tätigen, die den Gewinn dann mindern.

Weiter steht dort auch etwas über „Anschaffungskosten von … Wertpapieren und vergleichbaren nicht verbrieften Forderungen und Rechten“. Dann steht es meiner Frau ebenso frei, Gewinn in eine Kapitalanlage zu investieren, die bei späterer Auflösung dann wieder als Betriebseinnahmen zu bewerten ist.

Ich würde gerne verbindlich wissen ob das zutrifft, ob eben der § 4 Abs. 3 Einkommensgesetz uneingeschränkt gilt.

Ansonsten wären wir die Leidtragenden der Zahlungsmodalität der KV, die wir nicht beeinflussen können, und die den Anspruch auf Elterngeld um geschätzt 80% reduziert. Dabei sind das doch die Zahlungen aus der Zeit, in der meine Frau anfing zu arbeiten und auf die wir damals fast ein Jahr lang warten mussten. Genau dieses Geld, worauf wir fast ein Jahr warten mussten, würde eben den Elterngeldanspruch um 80% reduzieren. Aus diesem Grund frage ich so direkt nach den Gestaltungsmöglichkeiten, denn so ist das nicht wirklich einzusehen.

Vielen Dank

Karl

2. Antwort vom Amt

Sehr geehrter Karl,

grundsätzlich gilt der § 4 Abs.3 EStG uneingeschränkt. Jedoch müssen tatsächlich Ausgaben getätigt werden. Lediglich das Verschieben von Kapital um entsprechende Gewinne zu umgehen ist hier jedoch nicht gemeint. In diesem Fall verbleibt ja da Kapital in der Firma. Es handelt sich somit um keine Ausgabe im Sinne des § 4 Abs. 3. Sofern dieses erkennbar ist, werden entsprechende „Ausgaben“ bei der Berechnung nicht berücksichtigt.

Mit freundlichem Gruß

Im Auftrag

Kompetenter Mitarbeiter X

3. E-Mail von mir

Sehr geehrter kompetenter Mitarbeiter X,

ich möchte nicht gerne lange Ausführungen machen, da der Sachverhalt eigentlich nicht so kompliziert ist. Was Sie als verschieben von Kapital bezeichnen, steht wortwörtlich im Gesetzt, also habe ich da nur beschränktes Verständnis für.

Sie müssen doch auch einsehen, dass wir aufgrund der beschriebenen Modalitäten erhebliche Nachteile erleiden, wenn Sie darauf kein Stück eingehen, indem Sie die Selbständigen wie Arbeitnehmer behandeln und einfach nur das Datum der Zuflüsse betrachten.

Ihren Ausführungen entnehme ich kein Anzeichen des Verständnisses der Situation, obwohl ich nicht denke, dass Sie das nicht verstanden haben. Dabei haben die Behörden Spielräume, so beziehen Sie sich doch auf den genannten Paragrafen, dabei aber nur auf die erste Hälfte. Also frage ich Sie darum erneut, wie soll mit dieser Situation umgegangen werden? Eine verursachungsgerechte Zuordnung der Zahlungen zu den Perioden wäre zum Beispiel möglich und fair.

Mit freundlichem Gruß

Karl

3. Antwort vom Amt

Sehr geehrter Karl,

das Elterngeld orientiert sich grundsätzlich an den steuerrechtlichen  Vorgaben. Dieses ist auch anhand des Gesetzes zu erkennen. Ein  Spielraum besteht daher im Rahmen des Elterngeldes nicht. Die Gewinnermittlung orientiert sich grundsätzlich an § 4 Abs. 3 EStG. Dies bedeutet, dass alle tatsächlichen Geldzuflüsse und Abflüsse aus dem Unternehmen in eine Gewinnermittlung einfließen.

Das dieses in Ihrem Fall zu einer nachteiligen Berechnung führt, lässt sich im Rahmen der Bestimmungen des Elterngeldes leider nicht lösen. Sofern entsprechende Gelder weiter im Unternehmen verbleiben, können diese nicht im Rahmen der Gewinnreduzierung berücksichtigt werden. Eine Zuordnung der Gewinne nach dem jeweiligen Entstehen ist aufgrund des bestehenden Gesetztes nicht möglich.

Ich bedaure, Ihnen in diesem Fall keine günstigere Mittelung machen zu können.

Mit freundlichem Gruß

Im Auftrag

Kompetenter Mitarbeiter X

4. E-Mail von mir

Sehr geehrter kompetenter Mitarbeiter X,

zunächst vielen dank für die ausführliche Erklärung. Allerdings habe ich darüber natürlich recherchieren müssen.

Sie erklären, im Hinblick auf das Estg sei kein Spielraum vorhanden, den zweiten Teil des Paragrafen lassen Sie aber außen vor. Sie müssen schon zugeben, dass das ein Widerspruch ist, für den mir keine Erklärung ersichtlich ist. Im Grunde ist das eine Ungleichbehandlung im Sinne des Grundgesetzes.

Auf der mehrstündigen Suche habe ich nun herausgefunden, dass ich damit auch Recht habe. Das ist eigentlich sonnenklar, dazu sollte ich keine Paragrafen aufzählen müssen.

Das Landessozialgericht NRW hat im Urteil (Az.: L 13 EG 16/10) vom 12.4.2011

entschieden, dass eben genau die strikte Zuordnung nach Zahlungseingang nicht zulässig ist.

Würden Sie das also nun bitte noch mal prüfen?

Vielen Dank

Karl

4. Antwort vom Amt

Sehr geehrter Karl,

da mir keine Antragsunterlagen vorliegen, kann von hier keine abschließende Entscheidung getroffen werden. § 4 Abs. 3 Einkommenssteuergesetz ist für die Einkünfte Selbständiger maßgeblich.

Hierbei wird regelmäßlich ausschließlich der Zufluss und Abfluss des Geldes in einem Betrieb berücksichtigt, unabhängig von der Entstehung. Eine andere Rechtslage ist hier nicht bekannt. Eine andere Entscheidung z.B. durch das Bundessozialgericht besteht bisher nicht. Bei dem von Ihnen zitierten Urteil handelt es sich um eine Entscheidung des Landessozialgerichtes.

Mit freundlichem Gruß

Kompetenter Mitarbeiter X

5. E-Mail von mir

Sehr geehrter Kompetenter Mitarbeiter X,

ich denke kaum, dass es sich bei der Elterngeldstelle Düsseldorf um eine Bundesbehörde handelt. Sie gehört der Kommunalverwaltung an.

Über die Rechtslage denke ich, dass sie doch spätestens jetzt bekannt sein sollte. Diese wurde durch das Landessozialgericht NRW klar gestellt und das ist auf jeden Fall für Ihre Behörde bindend. Die gleiche Entscheidung hat übrigens auch das Sozialgericht München getroffen, Aktenzeichen S 30 EG 37/08.

Wie können Sie von diesen Umständen keine Kenntnis haben? Versuchen Sie mal meine Sicht zu verstehen. Sie entscheiden über einen Betrag von mindestens 12.000 Euro, der meiner Familie zusteht. Wie können Sie solche Entscheidungen treffen, ohne von Entscheidungen des höchsten Gerichts unseres Bundeslandes keine Kenntnis zu haben?

Mit freundlichem Gruß

Karl

5. E-Mail vom Amt

Sehr geehrter Karl,

aufgrund Ihrer Fragestellung habe ich Ihnen die derzeit vom Bundesministerium vertretene Rechtslage geschildert. Entscheidungen von Landesgerichten haben zunächst  keine Rechtswirkung, da hiergegen die Revision zulässig ist. Auch wenn dieses für Sie zu einer ungünstigen Rechtsauslegung führen könnte, sind mir im Rahmen der durch das Bundesministerium vorgegebenen Richtlinien keine anderen Entscheidungen möglich. Nach Antragstellung und Erlass eines entsprechenden Bescheides steht Ihnen jedoch das Widerspruchs- und Klageverfahren offen.

Ich bedaure Ihnen für Sie keine günstigere Entscheidung mitteilen zu können.

Mit freundlichem Gruß

Im Auftrag

Kompetenter Mitarbeiter X